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Koramu #3

Artikel erstellt von Jens Sobotta am 26.12.2010
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Vielmehr sollte man das Fehlen einer ausgearbeiteten Hintergrundgeschichte mit tiefgründigen Charakteren als eine Art wohl überlegte Design-Entscheidung ansehen. Zum Teufel, das Spiel selbst bezeichnet sich selbst als High-Speed-Action. Mehrminütige Zwischensequenzen würden diesen Geschwindigkeitsrausch, die Ekstase beim Spielen, komplett rauben. Wir spielen, wegen der Mechanik, wegen des Gameplays, selten wegen einer Geschichte. Dafür gibt es Bücher, ja sogar auch Filme; beide Medien können unbestritten noch immer die besseren Geschichten erzählen. Shinji Mikami wird es sicherlich geärgert haben, letztlich war er es, der sich in einer japanischen Radiosendung lautstark über die besseren Verkaufszahlen des ersten Kingdom Hearts gegenüber des GameCube-Remakes von Resident Evil beschwerte. Wie ein Rockstar saß er Sonnenbrillen-tragend im dunklen Studio und hetzte über das Rollenspiel, entschuldigte sich allerdings später und gab zu verstehen, dass er nur seinen Frust über die schwachen Verkaufszahlen freien Lauf ließ.

Kein Wunder also, dass japanische Studios ihre Serien an den Westen abgeben, in der Hoffnung, dass die amerikanischen wie auch europäischen Studios etwas Besseres erschaffen, das die nötigen Absatzzahlen einholt. Dass es tatsächlich auch anders gehen kann, beweisen Spiele wie Bayonetta, welches sich zwar in Japan nicht überragend verkauft hat – laut Nier-Produzent Yosuke Saito deshalb, weil das Spiel zwar mit einigen Fetischen ausgestattet, aber trotzdem nicht den haargenauen Frauengeschmack der japanischen Otakus ansprach – aber dafür eine weltweit deutlich bessere Akzeptanz fand. Letztlich ist Japans Spielemarkt ein in sich geschlossener Markt. Man will zwar mit den eigenen Produkten einen hohen Erfolg im eigenen Land erwirtschaften, für die großen Firmen haben die amerikanischen sowie europäischen Verkaufszahlen aber einen deutlich höheren Stellenwert. Überraschend ist es dennoch, dass sich Black Ops in Japan besser als Vanquish verkauft hat – insgesamt setzte Publisher Square Enix rund 216.000 Einheiten ab. Für ein westliches Spiel, zudem noch einen Kriegs-Ego-Shooter, eine beachtliche Leistung. Kann man deshalb von einem Umbruch im Markt der aufgehenden Sonne sprechen? Wohl kaum. Viel mehr sorgte die Hype-Maschinerie seitens Square Enix und dessen überaus erfolgreiches Marketing für viele Käufer. Bei generischen J-Rock und den Initialen der Kultschmiede werden eben ein paar Leute mehr schwach. Kann man es ihnen übel nehmen? Nein, denn im Westen ist das schließlich nicht anders.

Aus persönlicher Sicht ist es dennoch traurig, dass nur wenige sehr interessante Spiele aus dem Land der aufgehenden Sonne Akzeptanz im Westen finden. Ich spreche hierbei von Titeln wie Nier (der Beweis, dass die Final Fantasy-Macher auch noch gute und erfrischende Spiele entwickeln kann) oder Deadly Premonition, das gewiss kein hervorragendes Spiel darstellt, sobald man sich darauf aber einlässt, eines, wenn nicht sogar das interessanteste Spiel der letzten zehn Jahre darstellt. Als FBI-Agent Francis „York“ Morgan untersucht ihr mysteriöse Mordfälle im idyllischen GreenVale. Klingt anfangs nicht sonderlich spannend und der Prolog des Spiels offenbart eigentlich auch nichts Gutes, sobald ihr York aber das erste Mal durchs offene GreenVale steuert, begegnet ihr interessanten Persönlichkeiten, entdeckt immer mehr die Parallelen zu David Lynchs Kultserie Twin Peaks und erlebt eine recht intelligente Kombination von Gameplay-Elementen aus Resident Evil, Silent Hill, Clock Tower sowie Shenmue. Alles wohlgemerkt auf Low-Budget-Niveau, und stellenweise so schlecht, dass es schon wieder gut ist, aber nichtsdestotrotz unglaublich faszinierend. Deadly Premonition hat sich binnen Wochen zu dem Kultspiel des Jahres gemausert, und ist damit der Meilenstein in diesem Jahr, wenn auch aus einer komplett anderen Sicht betrachtet. Ein Spiel, das keinen sonderlich hohen Anklang am Markt finden muss, trotz seiner Macken und der altertümlichen Technik aber von mehr Spielern beachtet werden sollte. Denn abgesehen von Deadly Premonitions Problemchen, beweist es eindeutig, zu was früher und auch heute noch die Japaner im Stande sind. Man muss sie einfach nur machen lassen. Schade nur, dass es nicht so honoriert wird, wie es sollte.

Aber eigentlich hat mein Arzt mir verboten, mich aufzuregen. Zeit also besinnlich zu werden, schließlich ist Weihnachten. Schnee haben wir, was mich persönlich als alter Schneekönig (nicht das was ihr denkt...) natürlich besonders freut, reichlich. Weihnachten ist die Zeit der Besinnlichkeit, in der man sich einfach mal zurücklehnen und entspannen kann. Wer neben den ganzen Fressalien noch die Kraft hat, kann die Zeit in dieses eine Spiel stecken, das er schon das ganze Jahr über (durch)spielen wollte, aber einfach dafür die Zeit oder vielleicht sogar die Muße nicht fand. Genügend Spiele zum Weihnachtsgeschäft sind ja schließlich erschienen, manche sogar als richtige Zeitfresser. World of WarCraft: Cataclysm, Gran Turismo 5. Wer sich mit diesen Spielen beschäftigt, der darf sich wahrlich auf die Feiertage freuen. Weihnachten wird in Japan bekanntlich komplett anders gefeiert als beispielsweise bei uns in Deutschland. Während wir als christliches Fest die Geburt Jesus zelebrieren (und das als Anlass sehen, uns teure Konsumgüter und Tannenbäume zu überreichen), hat sich das Weihnachtsfest in Nippon als kleine Familien- bzw. Partnerfeierlichkeit erwiesen, viele bunte Lichter inklusive. Familien mit Kleinkindern genießen den Abend zusammen, überreichen sich Präsente, tischen eine größere Mahlzeit auf und verspeisen im Anschluss den traditionellen Weihnachtskuchen. Weshalb dieser meist mit Erdbeeren bestück ist, kann niemand so wirklich erklären. Es existieren Theorien darüber, dass die Erdbeere als exotische Frucht einen besonderen Anklang bei der Bevölkerung findet, oder aber das die Zucht selbiger so haargenau perfekt zur Jahreszeit funktioniert, dass die Hersteller den Japanern es eingetrichtert haben, dass diese Frucht einfach zu Weihnachten gehört. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo in der Mitte. Anders als in Deutschland gibt es die Tage nach dem Heiligen Abend nicht frei, weshalb manche Familien die Feierlichkeiten gerne auch mal vorverlegen oder sogar verschieben, damit hart arbeitenden Väter auch an diesen teilnehmen können.

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