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Koramu #4

Artikel erstellt von Jens Sobotta am 12.03.2011
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Immerhin hat sich die 360-Catherine rund 10.000 Mal mehr als das sehr fragwürdige Gal*Gun (ebenfalls Xbox 360) verkauft. Ich weiß gar nicht, wie ich Alchemists, ähm, Spiel beschreiben soll, ohne wie ein Perverser oder sonst was zu klingen, deshalb nur so viel: Ihr seid irgendein hübscher Kerl namens Tenzu, der von einem Engel aus Versehen mit einem Liebespfeil getroffen wird. So werdet ihr zu einem wahren Stier, auf den die Mädchen nur so stehen (stopft Johnny Depp oder Robert Pattinson für einen Tag in eine Schule und ihr wisst was ich meine). Einziges Problem: Nach nur einem Tag lässt die Wirkung des Pfeils nach und ihr müsst euer Leben in Ewigkeit einsam verbringen. Deshalb rennt ihr ähnlich einem Light-Gun-Shooter durch die Gegend und schießt Schulmädchen mit Liebeshormonen ab. Ich wünschte ich hätte mir das eben ausgedacht, aber das ist tatsächlich das Ziel von Gal*Gun. Ihr rennt durch die Gegend, „schießt“ auf die Mädchen, die stöhnend vor euch fallen und sich in euch verlieben. Die Mädchen, die selbstverständlich jedes erdenkliche Anime-Klischee bedienen, sind dabei natürlich in Schuluniform und Co. bekleidet (es gibt bereits einen kostenpflichtigen Downloadinhalt für Bikinis). Füllt ihr euer „Herzchenmeter“ (oder wie auch immer man es nennt) auf, betretet ihr den so genannten „Doki Doki Mode“. Doki Doki ist die japanische Umschreibung für das Geräusch des Herzes. In diesem Modus zoomt ihr nah an eines der Mädchen heran und müsst verschiedene Körperstellen von ihr beschießen. Aus Spaß an der Freude, oder weil man sich tatsächlich um die eigene Kundschaft sorgt, implementierten die Entwickler einen Panic Screen. Per Knopfdruck verwandelt sich das „Spiel“ dann in ein 8-Bit-RPG, mitsamt passender Musik und Animationen, so dass plötzlich in den Raum kommenden Personen denken man würde etwas anderes spielen. Der Thematik blieb man trotzdem treu: Auf dem Bildschirm ist ein Schulszenario zu sehen; in einer Textbox steht: Tenzu fand sich in einem Schulzimmer mit lauter Mädchen wider. Passenderweise benannte Alchemist diesen Bildschirm als „Mama Kita Gamen“ – Mama kommt.

Microsoft war das Spiel in seiner Grundversion wohl zu schlüpfrig, da die Mädchen auch gerne mal unter ihre Röckchen blicken ließen, weshalb man sich an Entwickler wandte und verlangte, das Spiel ein wenig zu zensieren respektive abzuschwächen. Im Klartext: Etwas längere Röcke und weniger sichtbare Unterwäsche. Offiziell verkündete man, dass man um das Image des Unternehmens besorgt sei, eine Aussage die auf mehreren Ebenen ziemlich perplex wirkt. Man darf sich ernsthaft fragen: Welches Image? Das Nichtvorhandene? Das Image als Familienunternehmen? Tut mir leid, der Punkt geht wohl eher an Nintendo. Microsoft wäre, so sehr ich Gal*Gun verachte und nicht verstehe (ein Großteil der japanischen Spieler übrigens auch nicht, letztlich spricht es eben nur eine kleine Otaku-Schicht an), besser beraten gewesen, Alchemist etwas finanziell unter die Arme zu greifen und Kincet-Unterstützung einbauen zu lassen. Das hätte unter besagter Otaku-Schicht nicht nur ein paar Kinects und 360-Konsolen verkauft, sondern wohl auch den Absatzzahlen von Gal*Gun geholfen. Andererseits: Vielleicht ist es aber auch besser so wie es geschehen ist...

Gal*Gun zeigt allerdings deutlich, dass Zensur in Japan durchaus ein Thema ist. Dabei ist es nicht die CERO (Computer Entertainment Rating Organization), Japans Prüfstelle für Computer- und Videospiele (ausgenommen Dating-Simulationen, Erotikspiele und Grafik-Novellen), die Spielzensuren vorschreibt, sondern die Hersteller selbst. Ähnlich der ESRB in den USA stuft die CERO die Altersbeschränkungen in Buchstaben ein. A für Spiele jedes Alters, B für Spiele ab 12 Jahren, C für Spiele ab 15 Jahren, D für Spiele ab 17 Jahren und Z für Spiele ab 18 Jahren. Das Z-Rating ist dabei am ehesten mit der AO-Einstufung (Adults only) der ESRB zu vergleichen, während D dem M-Rating oder dem von der USK roten „Keine Jugendfreigabe“-Symbol ähneln. Selbstverständlich spielen die kulturellen Unterschiede eine große Rolle bei der Einstufung. So bekam Castlevania: Lords of Shadows beispielsweise ein D-Rating der CERO, während die USK das Spiel hingegen ab 16 Jahren freigab. Z-Ratings werden von der japanischen Regierung reguliert. Damit gekennzeichnete Spiele müssen in einem gesonderten, von den anderen Spielen sichtbar getrennten Bereich, in den Geschäften verkauft werden. Darunter sind unter anderem Spiele wie Assassin's Creed, Bioshock, Red Dead Redemption, Gesellschaftskritik im Kaufhaus (ihr wisst schon...) sowie dessen Nachfolger (beide in Deutschland übrigens indiziert respektive sogar beschlagnahmt), Call of Duty: Black Ops oder Fallout New Vegas sowie dessen Vorgänger Fallout 3. Letzteres wurde sogar speziell für den japanischen Markt verändert. Entwickler Bethesda entfernte mit Rücksicht auf Japans Vergangenheit die komplette Quest „Die Macht des Atoms“, in der ihr in der Stadt Megaton eine Atombombe entschärfen oder explodieren lassen könnt.

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